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AutorenbildRenate Haiden

Gemeinsam alt werden

Holz zählt zu den ältesten Bau- und Wohnmaterialien und ist überaus vielseitig und facettenreich. Mensch und Holz stehen in einer besonderen Symbiose: Sie altern gemeinsam.


Wer an Wohnen mit Holz denkt, „fühlt“ fast im selben Augenblick wohlige, gemütliche Wärme. Das kommt nicht von ungefähr, denn kaum eine Generation wohnt und lebt „holzlos“, sodass wir unmittelbar an Erinnerungen wie das Leben bei Eltern oder Großeltern, an gemütliche Gastwirtschaften, Biertische und Almhütten anknüpfen können. Kurz gesagt: Holz ist untrennbar mit Emotionen verbunden. Zudem bietet der Werkstoff eine spannende Bandbreite, denn vom Bett über das Regal, den Fußboden bis hin zum Haus lässt sich aus Holz so ziemlich alles machen und die Eigenschaften der Produkte überzeugen: Hohe Tragkraft bei geringem Gewicht, Stabilität bei gleichzeitiger Elastizität lassen der Kreativität und Fantasie der Handwerker, Architekten und Planer viel Raum. Möbelstücke aus Holz können durchaus als „guter Freund“ betrachtet werden, die einen ein Leben lang begleiten und eigene Geschichten erzählen können. Sie holen die Natur in den unmittelbaren Lebensraum und bilden – oftmals roh und unbehandelt – einen Gegenpool zur virtuellen Welt. „Die Liebe zum Holz haben alle Menschen gemeinsam… Sie alle verspüren den Drang, ihre Hände über das Holz gleiten zu lassen“, formulierte es der dänische Tischler, Architekt und Möbeldesigner Hans Jørgensen Wegner überaus treffend. Auf seinem berühmten „runden Stuhl“ aus dem Jahr 1950 saßen Kennedy ebenso wie Barack Obama. Wegners Hauptanliegen war die Betonung der Seele und der Vitalität des Holzes bei den etwa 500 Stuhl-Modellen, die er entwickelt hat.


Zeitlos und gesundheitsfördernd

In den 1960er- und 70er-Jahren wurden Holzmöbel vorübergehend vom Kunststoff-Hype verdrängt oder sie versteckten sich unter bunten Lackierungen und glänzenden Chromapplikationen, um in den 1980er-Jahren mit dem Bewusstsein für Qualität und Nachhaltigkeit wieder kräftig Einzug in die Wohnräume zu halten. Ob britischer Minimalismus oder deutscher Landhausstil – Holz war wieder im Trend und ist es ungebrochen geblieben. Heute ist Holz als Material bei Handwerkern, Designern und Künstlern beliebt und findet sich im Wohnraum von jungen und alten Menschen gleichermaßen. Ob auffällige Maserungen, unbehandelte Oberflächen, moderne Intarsien oder schlankes Design – die Kombination von traditioneller Handwerkskunst und maschineller Verarbeitung bringt vielfältige Kollektionen hervor. Holzoberflächen sind nicht nur schön anzusehen, sondern tragen auch zu einem angenehmen Raumklima bei, da Holz die Luftfeuchtigkeit des Raumes wirkungsvoll reguliert. So beschreibt eine Studie der Joanneum Research Forschungsgesellschaft in Graz, dass Räume mit Holzverkleidung auch einen positiven Einfluss auf Kreislauf, Schlaf und das allgemeine Befinden zeigen. Laut Studienautor Dr. Maximilian Moser senkt Zirbenholz die durchschnittliche Herzschlagfrequenz und beugt damit stressbedingten Erkrankungen vor. Jeder, der schon einmal einen Tag im Wald verbracht hat, hat es selbst erlebt: Waldluft ist gesund. Wie genau, lässt sich sogar mathematisch darstellen: So erhöht ein Tag im Wald die Zahl der Killerzellen, die im menschlichen Körper die Aufgabe übernehmen, kranke Zellen zu entfernen, um 40 %. Dieser positive Effekt hält bis zu sieben Tage an. Auch die Stresshormone Cortisol und Adrenalin lassen sich durch einen Aufenthalt im Wald deutlich reduzieren. In der Folge sinken Anspannung und Stress. Gleichzeitig werden die weißen Blutkörperchen aktiviert, sodass die Abwehrkräfte steigen. Das wiederum beugt Herz- und Kreislauferkrankungen, Schlafstörungen und Depressionen vor.

Nicht zuletzt sprechen auch Klimaaspekte für Holz. So speichert ein Kubikmeter Holz eine ganze Tonne CO2. Ein aktueller Report des Thünen-Instituts für internationale Waldwirtschaft und Forstökonomie hat ermittelt, dass sich mit einem Holzbau pro Quadratmeter Bruttogeschoßfläche bei Einfamilienhäusern 77 bis 207 und bei Mehrfamilienhäusern 18 bis 178 Kilogramm CO2-Äquivalente einsparen lassen. Bauen mit Holz ist also nachhaltig, ökologisch und CO2-neutral.


Leben mit Holz

Andreas Getzinger fertigt in seinem Betrieb HAND+WERK (www.handpluswerk.at) klassische Möbelstücke. Daneben vertreibt er Tische oder Barhocker aus Spanien und Italien – auch hier sind Platten oder Sitzschalen aus dem Naturmaterial. „Ich mag die Langlebigkeit und Vielfalt von Holz. Das Material gibt es auf der ganzen Welt und dennoch ist es überall einzigartig. Der Werkstoff ist unglaublich, denn er ist niemals tot. Auch wenn Holz längst geschlägert ist, hat es immer noch ein Eigenleben“, gibt sich der Tischler begeistert. Neben dem Möbelbau kommen auch Anfragen zum Re-Design, wie etwa das Kürzen von Tischbeinen. Über die steigende Nachfrage freut sich der Unternehmer besonders: „Das Bewusstsein, dass es in den eigenen vier Wänden wieder natürlicher und ursprünglicher sein darf und dass Holz auch Risse und Äste aufweisen darf – vor zehn Jahren wäre das noch undenkbar gewesen –, hat zugenommen.“ Im Möbelbau ortet er im selben Zeitraum einen klaren Trend zu Eiche, die Ahorn und Buche längst abgelöst hat: „Sie ist robust, lässt sich gut bearbeiten oder beizen und hat viele Farbschattierungen. Zudem ist sie hierzulande gut verfügbar.“ Eiche eignet sich für alle Wohnbereiche und bietet ein breites Spektrum – ob schwarz, weiß, geölt oder gewachst – für jeden Geschmack ist etwas dabei. Nachhaltig ist für Getzinger jedes Holz, das in Österreich oder zumindest Europa wächst. „Alles, was ich von weiter her importieren muss, halte ich für bedenklich. Exotenhölzer haben für mich nur in sehr ausgewählten Nischen Platz, etwa indonesisches Teakholz für Autoteile. Hier achte ich aber jedenfalls darauf, dass die Rohstoffe aus zertifizierten Beständen gewonnen werden“, so Getzinger.

Tischlermeister Christian Gröbner (www.holzfreude.at) fertigt ebenfalls gediegene Vollholzmöbel. „Wir bieten Produkte aus der klassischen Tischlerwerkstatt an, für all jene, die sich ein besonderes Möbelstück leisten wollen“, so Gröbner. Denn der Experte weiß genau: „Holz als Rohstoff, in Handarbeit verarbeitet, ist teuer geworden.“ Immer noch punkten die Einzelstücke mit ihrer Langlebigkeit: „Holzmöbel überleben meist viele Generationen. Werden die Oberflächen geölt, kommt die Struktur besonders zur Geltung und auch nach Jahren kann das Möbelstück neu aufgearbeitet werden. Schleifen, ölen und es ist wieder wie neu“, weiß Gröbner und ergänzt aus Erfahrung: „Viel Kunden erzählen mir, dass sie sich auch nach Jahren an ihren Massivholzmöbel noch genauso freuen wie am ersten Tag. Das hat schon einen besonderen Wert.“ Neben der Möbelfertigung hat der Tischlermeister sein Hobby in den Beruf integriert: Er baut Holzsaunen. Als erfahrener und routinierter Saunageher hat er unterschiedlichste Saunen vor allem in nördlichen Ländern kennen gelernt und mit dem Wellnesstrend hierzulande auf die steigende Nachfrage reagiert. „Wir bieten sehr individuelle Lösungen an und achten besonders, dass Thermik und Design Hand in Hand gehen.“

Handarbeit steht nicht nur in seiner Tischlerwerkstatt an oberster Stelle, auch beim Holzhändler kauft der Experte Holz ausschließlich handverlesen ein. „Spanplatten sowie baubiologisch bedenkliche Materialien werden Sie bei mir nicht finden. Gründlich geölte Holzoberflächen stehen lackbehandelten um nichts nach.“ Zudem bemüht sich Gröbner, überliefertes Wissen, etwa über die Vorteile von Holz, das zum richtigen Mondstand im Winter geschlagen wird, zu kultivieren. Beim Saunabau kommen neben der handwerklichen Tätigkeit radiästhetische Methoden zu Einsatz, um auf die vorgefundene Bodenstrahlung zu reagieren und die Ausrichtung der Kabine zu beachten. Dass er ohne Tropenholz auskommt, versteht sich fast von selbst: „Heimische Hölzer haben viel zu bieten. Für Möbelstücke setze ich zum Beispiel Kirsche oder Esche ein, für den Saunabau eignet sich Fichte oder Zirbe besonders gut“, so Gröbner.


Ins richtige Licht gerückt

In der Steiermark setzt Stefan Pichlhöfer, BSc (www.undecim.at) mit seinen Designleuchten Außenwohnräume besonders in Szene. Der Werkstoff: karbonisiertes Holz – das heißt, die Oberfläche – meist heimische Lärche – wird absichtlich verbrannt. In Kombination mit rostendem Stahl, matt-schwarz beschichtetem Aluminium und warmem LED-Licht wird damit eine besondere Atmosphäre erzeugt. „Das angekohlte Holz ist eine alte Tradition, um es widerstandfähiger zu machen. In Japan werden Holzoberflächen seit Jahrhunderten kontrolliert verbrannt, um auf diese Weise dunkle, edel anmutende Fassadenverkleidungen zu gewinnen“, gibt Pichlhöfer Einblick in seine Arbeitsweise.

Mittlerweile finden solche Dielen mit ihrer schwarz-silber schimmernden Optik auch in Europa immer mehr Anhänger, denn das Material sieht interessant aus und ist vor Schimmelpilzen, Verwitterung, Fäulnis und Wasser geschützt. Dass Pichlhöfer „aufs Holz gekommen“ ist, war Zufall: Der Boku-Student war im Gartenbau tätig und hat über eine TV-Serie die Hölzer an einer Fassade entdeckt. Seine Recherchen haben ergeben, dass karbonisiertes Holz sonst kaum weitere Verwendungsbereiche erschlossen hat – Grund genug für Pichlhöfer, sich dem Thema Holz und Lichtdesign zu widmen. Am Prototyp hat er nach ausführlichem Literaturstudium selbst Hand angelegt, später erfolgte die Kooperation mit einem regionalen Tischler.

Upcycling und Lichtdesign sind die zwei Stichwörter, die die Arbeiten von Felix Fehr, Tischler und Architekt (www.almleuchten.com) und seinem Partner Harald Hofer am treffendsten beschreiben: Die verwendeten Holzbalken der Leuchten stammen von alten Almhütten und Bauernhäusern aus Tirol, die er buchstäblich in neuem Licht erstrahlen lässt. Jedes Produkt ist ein Unikat und besteht aus absolut heimischen Hölzern, die in der Nähe der Häuser gewachsen sind. Meist sind es Lärchen und Fichten, manchmal, so Fehr, „hat man Glück und es ist auch eine Zirbe dabei.“ Die Herstellung durch traditionelle Handarbeit verleiht den Leuchten ihren liebevollen und absolut einzigartigen Charakter. „Bei jeder Almleuchte erzählt ein Beipackzettel von ihrer konkreten Herkunft; so erfährt man von der genauen Geschichte des Altholzes“, erzählt Fehr und gibt Einblick in die Verarbeitung: „Wir verwenden farblose Leuchtmittel, das Holz wird quer zur Faser geschnitten. Das bringt je nach Modell einen einzigartig roten Farbton hervor. Dieser entsteht durch die Durchlässigkeit des Holzes für langwellige, rote Lichtwellen. Je dunkler der Raum, desto röter erstrahlen die Almleuchten“, beschreibt Fehr den Effekt. Der Absatzmarkt geht weit über Österreich hinaus, der Vertrieb der Leuchten erfolgt vorwiegend online.


Lang leben die „It-Pieces“

So unterschiedlich die Werkstücke aus Holz und die Zugänge der Handwerker sind, so einig sind sich die Experten in puncto Reinigung und Pflege: Weniger ist mehr, scheint die gemeinsame Klammer. Je naturbelassener, desto besser können die Einzelstücke wieder mit ein wenig Schleifpapier und Holz aufpoliert werden – frischer Holzgeruch inklusive. Selbst die Saunalandschaften benötigen maximal die Behandlung mit einem feuchten Tuch, ganz ohne Reinigungsmittel. Karbonisiertes Holz im Außenbereich ist wohl am dankbarsten, denn die Leuchten werden einfach mit dem Regen oder mit dem Gartenschlauch abgespritzt. Vor Hochdruckreinigern wird jedoch gewarnt, denn damit kann die Oberfläche beschädigt werden.

Credit: undecim.at

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